Dirk Bruhn, Sevilay Özbabaeker
Universität Hamburg
"Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte." (Bernard, 1921)
lautet ein berühmtes Sprichwort, welches erstmalig durch Fred R. Bernard in der Printers' Ink (einer Fachzeitschrit aus der Werbebranche) abgedruckt wurde. In einer Anzeige hieß es "One Look is Worth A Thousand Words".
Über 80 Prozent der täglichen Informationen nimmt der Mensch durch den Sehsinn auf.
Aus diesem Grund wollen wir im nachfolgenden Tutorial auf die folgenden Fragen eingehen:
Obwohl der Fokus des folgenden Tutorials auf der Anfertigung von wissenschaftlichen Visualisierungen liegt, wird gleichermaßen auf die Übertragbarkeit in den schulischen, geschäftlichen und privaten Bereich hingewiesen.
Wirkung von Bildern
Bilder können im Vergleich zur ausschließlichen Verwendung von Text eine besondere Wirkung beim Betrachter entfalten. Sie ...
Vorteile von Bildern
Nachteile von Bildern
Jedoch können Visualisierungen bei falscher Anwendung auch Nachteile mit sich bringen. Beispielsweise wirkt eine Präsentation bei einer Überladung durch Bilder für den Betrachter unzugänglich und ist somit schwer zu verarbeiten und zu verinnerlichen. Des Weiteren ist es wichtig, dass die gewählten Visualisierungen nicht irreführend sind und sinnvoll in den Kontext eingebettet werden.
Tipp: Weniger ist mehr! Ausgewählte oder erstellte Visualisierungen sollten nur dann eingesetzt werden, wenn sie den Inhalt unterstützen und dem Betrachter zum besseren Verständnis dienen.
Im Rahmen des folgenden Tutorials möchten wir uns mit zwei Arten von Bildern beschäftigen, die für wissenschaftliche Arbeiten von besonderer Bedeutung sind: Abbilder und Visualisierungen. Beide Arten von Bildern haben eine Vielzahl an Untergliederungen, die verschiedene Funktionen und Wahrnehmungsanforderungen besitzen.
Die folgende Abbidung bietet einen Überblick über die betrachteten Visualisierungstypen:
Abbildung 1: Überblick von Visualisierungstypen (eigene Darstellung in Anlehnung an Ballstaedt 2012, S. 31)
Es gibt verschiede Arten von Abbildungen, die sich hinsichtlich ihrer prägenden Merkmale voneinander unterscheiden.
Grundsätzlich handelt es sich bei Abbildungen um die mehr oder weniger wirklichkeitsgetreue Darstellung von Gegenständen, Handlungen oder Personen. Sie treten in unterschiedlichen Abstraktionsgraden auf und lassen sich, in Abhängigkeit von ihrer Abstraktheit, wie folgt unterscheiden:
Abbildung 2: Überblick von Abbildungsarten (eigene Darstellung)
Tipp: Zu den verschiedenen Abbildungsarten findet ihr bereits umfangreiche Tutorials der HOOU. Diese haben wir am Ende eines jeden Abschnittes verlinkt.
1. Farbbilder
Bei Farbbildern handelt es sich um die detailreichste Form aller Abbildungstypen. Sie stellen einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit dar, der in seiner Perspektive bewusst oder unbewusst vom Bildproduzenten beeinflusst werden kann. Bei Farbbildern handelt es sich um die einzige Abbildungsform, in der Farbabstufungen berücksichtigt werden.
Warum Farbabstufungen wichtig sind:
Beispiel:
Abbildung 3: Farbbild (in Anlehnung an Ballsteadt 2012, S. 43)
2. Schwarz-Weiß-Bilder
Schwarz-Weiß-Bilder sind in der wissenschaftlichen Visualisierung ausreichend, sofern keine Farben vorhanden sind, die eine unterscheidende und / oder symbolische Funktion besitzen (siehe oben).
Beispiel:
Abbildung 4: Schwarz-Weiß-Bild (in Anlehnung an Ballsteadt 2012, S. 43)
Tipp: Tutorial zur digitalen Fotografie.
Ein detaillierte Einführung in die Erstellung von Farb- und Schwarzweißbildern gibt euch das Tutorial zur digitalen Fotografie. Hier lernt ihr u.a. folgende Inhalte kennen:
3. Texturbilder
Texturbilder werden im Vergleich zu Farbbildern und Schwarz-Weiß-Bildern weiter abstrahiert und besitzen weniger Details. Bei der Anfertigung von Texturbildern ist insbesondere auf die Beleuchtung zu achten, die dem Betrachter, mit Hilfe von Hell-Dunkel-Gestaltung, einen räumlichen Eindruck des Abbildes vermittelt.
Beispiel:
Abbildung 5: Texturbild (in Anlehnung an Ballsteadt 2012, S. 43)
4. Strichbilder
Strichbilder reduzieren die Realität auf ihre wesentlichen Elemente und können durch Handzeichnungen, am Zeichenbrett, aus Digitalfotos oder auch CAD-Dateien generiert und mit Hilfe von Grafikprogrammen bearbeitet werden (wie z.B. in unserem Teaservideo zum Cluster Methodenkompetenz). Sie liegen in Grafikprogrammen üblicherweise als Vektorgrafiken vor, können jedoch auch als eingescannte Bilder durch Illustrationsprogramme (wie z.B. Adobe Illustrator) vektorisiert werden.
Beispiel:
Abbildung 6: Strichbild (in Anlehnung an Ballsteadt 2012, S. 43)
5. Schemabilder
In Schemabildern werden lediglich besondere visuelle Merkmale dargestellt. Sie ermöglichen eine schnelle Orientierung, sind jedoch für den Laien häufig nur schwer nachvollziehbar.
Beispiel:
Abbildung 7: Schemabild (in Anlehnung an Ballsteadt 2012, S. 43)
Visualisierungen können in Charts und Diagramme unterteilt werden.
Die wichtigsten Formen von Charts und Diagrammen sowie Richtlinien für deren Erstellung, werden in den folgenden Punkten darstellt.
Charts bestehen aus Einheiten, in Form von Begriffen oder Aussagen, die durch Pfeile oder Linien miteinander verbunden sind. Sie zeigen Zusammenhänge, die für den Betrachter (ohne die Unterstützung durch Charts) schwer ersichtlich sind.
Charts ermöglichen es dem Betrachter komplexe Sachverhalte strukturiert zu betrachten und Zusammenhänge somit schnell zu erfassen. Voraussetzung ist, dass die Charts in ihrer Ursachen-Wirkung bzw. Über- und Unterordnungsbeziehung anschaulich dargestellt sind.
Die Grenzen von Charts treten dann in Kraft, wenn sie eine Vielzahl an sprachlichen Informationen enthalten oder Einschränkungen aufweisen.
Charts lassen sich unterteilen in:
Abbildung 8: Übersicht Charts (eigene Darstellung)
Tabellen dienen der Wissenspräsentation und finden im wissenschaftlichen Bereich vielfache Anwendung. Sie können aus quantitativen (absolute Werte) oder qualitativen Daten (z.B. Merkmale) bestehen und in Form von Gegenüber- und Zusammenstellungen auftreten.
Gestaltungsregeln für Tabellen:
Beispiel:
Abbildung 9: Tabelle (eigene Darstellung)
Hierarchische Strukturen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein bestehendes System in seine Subsysteme untergliedert. Wie aus dem Wort Hierarchie bereits hervorgeht, findet eine Über- bzw. Unterordnung statt.
Es gibt unterschiedliche Arten von hierarchischen Strukturen. Im Folgenden werden die Beispiele der Baumstruktur, der Zentralvernetzung sowie der semantischen Netze kurz vorgestellt.
Baumstruktur
Beispiel:
Abbildung 10: Baumstruktur (eigene Darstellung)
Zentralvernetzung
Beispiel:
Abbildung 11: Zentralvernetzung (eigene Darstellung)
Semantische Netze (Collins & Quilian, 1969)
Beispiel:
Abbildung 12: Semantische Netze (eigene Darstellung)
1. Mapping-Techniken
Durch die Mapping-Technik findet eine Visualisierung von Inhalten nach dem Prinzip der semantischen Netze statt. Da die Inhalte strukturiert und organisiert visualisiert werden, wird das Arbeitsgedächtnis entlastet und Informationen können jederzeit aufgerufen und ergänzt werden. Bei der Mapping-Technik stehen begriffliche Strukturen im Mittelpunkt, weshalb das Verfahren auch der Kategorie der Begriffsnetze zugeordnet wird.
Vorteile:
Zwei bedeutende Mapping-Techniken stellen das Mind Mapping sowie die Concept Maps dar.
Mind Mapping
Das Mind Mapping soll dabei unterstützen, die Gedanken zu ordnen und strukturieren.
Regeln beim Mind Mapping:
Abfolge:
Beispiel:
Abbildung 13: Mind Map (eigene Darstellung)
Vorteile:
Webbasierte und derzeit kostenlose Mind Mapping Tools findet ihr unter anderem auf:
Concept Maps
Ziele:
Regeln beim Concept Mapping:
Aufbau:
Beispiel:
Abbildung 14: Concept Map (eigene Darstellung)
Webbasierte und derzeit kostenlose Concept Mapping Tools findet ihr unter anderem auf:
2. Netzwerktechnik
Mit Hilfe der Netzwerktechnik werden vorhandene Strukturen innerhalb eines Systems offengelegt und Zusammenhänge zwischen Einheiten eines Systems untersucht. Hierbei können neben der Wirkungsrichtung (gekennzeichnet durch Pfeile), ebenfalls zeitliche Aspekte (gekennzeichnet durch Farbe oder Dicke der Pfeile) oder die Ausprägung von Zusammenhängen (gekennzeichnet durch + oder - gekennzeichnet) erfasst werden. Gleichzeitig kann die Struktur bei der Netzwerktechnik gerichtet (durch Pfeile) oder ungerichtet (durch Striche) sein.
Folgende Begrifflichkeiten sind bei der Netzwerktechnik entscheidend:
Zielgerichtetes Netzwerk nach Dubs (1993)
Fünf Schritte zur Erstellung des zielgerichteten Netzwerkes nach Dubs:
Beispiel:
Abbildung 15: Zielgerichtetes Netzwerk (eigene Darstellung)
Die Darstellung in Prozessen hilft Informationen in einer logischen Abfolge strukturiert abzubilden. Jeder Prozess umfasst ein Startereignis sowie ein Endereignis, welche durch Funktionen und Zwischenergeinisse miteinander verbunden sind. Als Ereignis versteht man dabei einen Zustand (passives Element), wohingegen eine Funktion ein aktives Element ist.
1. Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK)
Ereignisgesteuerte Prozessketten (EPKs) werden insbesondere zur Darstellung von Geschäftsprozessen verwendet.
Regeln bei der Anfertigung von EPKs:
Hinsichtlich der Anwendung von Konnektoren bestehen weiterhin einige Ausnahmen:
Die EPK-Symbole sehen wie folgt aus:
Abbildung 16: Symbole EPK (eigene Darstellung)
Beispiel:
Abbildung 17: EPK (eigene Darstellung)
2. Flussdiagramme
Das Flussdiagramm ist als Ablaufdiagramm, neben dem EPK, die am häufigste verwendete Darstellungsmethode zur Prozessmodellierung.
Regeln bei der Anfertigung von Flussdiagrammen:
Der Aufbau eines Flussdiagramms ist durch folgende Symbole gekennzeichnet:
Abbildung 18: Symbole Flussdiagramm (eigene Darstellung)
Beispiel:
Abbildung 19: Flussdiagramm (eigene Darstellung)
Diagramme dienen der wissenschaftlichen Kommunikation, sie vermitteln quantitative Zusammenhänge von Daten bzw. Ausprägungen von Variablen. Die Werkzeuge in Diagrammen sind die grafischen Elemente Punkte, Linien und Flächen, anhand derer man Werte ablesen kann, Vergleiche aufgestellt werden können und Trends sichtbar werden.
Es gibt fünf Standardtypen von Diagrammen, die jeweils unterschiedliche Funktionen haben:
Abbildung 20: Standardtypen von Diagrammen (eigene Darstellung in Anlehnung an Ballstaedt 2012, S.66)
Kreisdiagramm
Um einzelne Anteile einer Gesamtheit darzustellen, kann das Kreisdiagramm, auch genannt Kuchendiagramm, verwendet werden. Die Unterteilung in Kuchenstücke wird häufig verwendet, um Verteilungen und Anteile zu visualisieren, wie beispielsweise bei Marktanteilen oder Parteisitzen. Ein Kreisdiagramm kann genutzt werden, wenn eine einzige Datenreihe vorhanden ist. Sofern verschiedene Ergebnisse von Datenreihen miteinander verglichen werden sollen, ist das Kreisdiagramm ungeeignet, daher der Nachteil der Eindimensionalität. Sofern in den Datenergebnissen eher kleine Differenzen bestehen, sollte ein Säulen- oder Balkendiagramm zur besseren Lesbarkeit vorgezogen werden.
Regeln bei Kreisdiagrammen:
Beispiel:
Abbildung 21: Kreisdiagramm (eigene Darstellung)
Balkendiagramm
Ein Balkendiagramm kann erstellt werden, wenn eine Rangfolge oder eine Korrelation (also der Zusammenhang von zwei Variablen) visualisiert werden möchte. Die waagerechten Balken gehen von der y-Achse als Nullpunkt aus und veranschaulichen für gewöhnlich eine Rangfolge nach rechts hin.
Beispiel:
Abbildung 22: Balkendiagramm (eigene Darstellung)
Bei dem Vergleich von Rängen kann die zweite Rangfolge nach links wachsen, wie in dem folgendem Beispiel:
Abbildung 23: Gespiegeltes Balkendiagramm (eigene Darstellung)
Oder es kann auf der rechten Seite der y-Achse als gruppiertes Balkendiagramm in die erste Rangfolge integriert werden:
Abbildung 24: Gruppiertes Balkendiagramm (eigene Darstellung)
Wenn mehrere Kategorien verglichen werden, kann die gestapelte Variante herangezogen werden:
Abbildung 25: Gestapeltes Balkendiagramm (eigene Darstellung)
Säulendiagramm
Das beliebte Säulendiagramm dient der Visualisierung von Häufigkeitsverteilungen (so heißt es auch Histogramm) und Zeitreihen. Hier stehen die einzelnen Säulen senkrecht auf der x-Achse und grenzen (ebenso wie beim Balkendiagramm) nicht aneinander. Abhängig von den Werten der Ausprägungen können die Säulen nach oben (positiv) oder nach unten (negativ) wachsen. Sowie beim Balkendiagramm gibt es gruppierte und unterteilte Säulendiagramme. Beim Verwenden des Säulendiagramms ist es wichtig, dass die Anzahl der Säulen nicht zu hoch ist. Sobald es mehr als ca. 15 Ausprägungen sind, kann das Liniendiagramm verwendet werden.
Beispiel Histogramm (Häufigkeitsverteilung):
Abbildung 26: Histogramm (eigene Darstellung)
Beispiel eines Säulendiagramms für eine Zeitreihe:
Abbildung 27: Gruppiertes Säulendiagramm mit einer Zeitreihe (eigene Darstellung)
Liniendiagramm
Das Liniendiagramm ist eine Erweiterung des Säulendiagramms. Sobald es sich bei den Ausprägungen um viele Zeitpunkte handelt, wird eine Linie bzw. Kurve in einem Koordinatensystem erstellt. Dadurch werden Verläufe dargestellt, die Trends oder Schwankungen sichtbar machen. Es können auch mehrere Kurven innerhalb eines Diagramms dargestellt werden, welches dann als Spaghetti-Diagramm bezeichnet wird. Sobald die Fläche unterhalb der Kurve eingefärbt ist, wird es auch Flächendiagramm genannt.
Beispiel Liniendiagramm:
Abbildung 28: Liniendiagramm (eigene Darstellung)
Beispiel Spaghetti-Diagramm:
Abbildung 29: Spaghettidiagramm (eigene Darstellung)
Beispiel Flächendiagramm:
Abbildung 30: Flächendiagramm (eigene Darstellung)
Punkt-, Streudiagramm
Sowie beim Liniendiagramm wird im Punkt- oder Streudiagramm zur Visualisierung ein Koordinatensystem herangezogen. Die Funktion ist hierbei aber nicht eine Zeitreihe oder Häufigkeiten zu veranschaulichen, sondern soll eine Korrelation visualisiert werden. Jeder Koordinatenpunkt ist dabei ein Fall. Zusammenhänge können dadurch sichtbar werden, sobald sich die einzelnen Punkte zu einer Kurve oder Linie zusammenführen lassen. Jedoch werden auch große Abweichungen schnell ersichtlich.
Beispiel Streudiagramm:
Abbildung 30: Streudiagramm (eigene Darstellung)
Zusammengefasst habt ihr im ersten Teil erfahren, warum Visualisierungen wichtig sind, welche Arten von Visualisierungen es gibt und worauf man bei der Erstellung achten sollte.
Im zweiten Teil des Tutorials erfahrt ihr mehr über die praktische Anwendung von wissenschaftlichen Visualisierungen. Wir betrachten uns die Gestaltungsgesetze, die Wirkung von Farben und zeigen, welche Richtlinien es bei der Verwendung von wissenschatlichen Visualisierungen zu beachten gibt.
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