Vorlesungen sind zentraler Bestandteil des Studiums. Doch lohnt sich der Besuch immer? Wir gehen der Frage nach…

In diesem Tutorial wollen wir uns der Frage widmen, was für und gegen den Besuch einer Vorlesung spricht. Diese Frage beschäftigt viele Studierende.

Die Struktur eines Studiums sieht den Besuch von Vorlesungen vor, um eine gute Bildungsmöglichkeit zu gewährleisten. Manchmal ermöglichen es aber innere und äußere Faktoren nicht, dass man den Anforderungen des Curriculums gerecht wird.

Leider gibt es auf diese Frage keine einfachen Antworten, da das Zusammenspiel von Vorlesung-Seminar-Übung sehr unterschiedlich sein kann. Die Frage, ob der Besuch einer Vorlesung sinnvoll ist, lässt sich unter drei Aspekten betrachten: Inhaltlicher Mehrwert, Relevanz für die Prüfung und Motivation.

Ein entscheidender Punkt bei deiner Entscheidungsfindung sollte der inhaltliche Mehrwert der Vorlesung sein. Besuche hierfür die Vorlesungen und nimm ein ausgedrucktes oder digitales Skript der Vorlesung mit. Bei der Nachbereitung deiner Vorlesung kannst du dann überprüfen, inwiefern deine Notizen und die Erklärungen des Dozenten dir geholfen haben.

Sicherlich kommt es bei deiner Entscheidungsfindung und bei der Beantwortung dieser Fragen auch darauf an, wie du mit der Vorlesung arbeitest.
Es kann schwer sein, den Dozenten zuzuhören und hierbei mitzuschreiben. In dem Tutorial „Lernstrategie: Physikalische Chemie“ sind wir der Frage nachgegangen, wie du mit einzelnen Darstellungen in der Vorlesung arbeiten kannst. Häufig werden zum Vorrechnen Tafelanschriften, wie folgende, verwendet.

Es kann demotivierend sein, wenn man die einzelnen Schritte nicht direkt nachvollziehen kann. Unsere Empfehlung ist also, dass du dich an die Vorlesung heran tastest und zunächst versuchst, Strategien zu entwickeln, um einen Mehrwert aus der Vorlesung mitzunehmen. Ggf. kannst du deine Kommilitonen befragen, was sie aus der Vorlesung mitgenommen haben, um den eigenen Blickwinkel zu erweitern.
Stellst du nach einigen Besuchen fest, dass du dir die Inhalte ohne den Besuch der Vorlesung aneignen kannst, macht es eventuell Sinn für dich, die Vorlesung nicht zu besuchen.

Dennoch raten wir dir, dass du versuchst, die Vorlesungen ernst zu nehmen und nicht lediglich aus Pflichtbewusstsein besuchst. Solltest du nur hingehen, um dein Gewissen zu beruhigen, dann ist der Besuch von vornherein nicht sinnvoll.

Martin berichtet:
„Als ich im Vorlesungsverzeichnis gesehen habe, dass die Mathevorlesung um acht Uhr sein wird, war ich nicht sehr begeistert.
Ich hatte zwischendurch auch echt keine Lust und es gab keine Anwesenheitspflicht. Alles in allem halte ich es aber für sinnvoll, zu den Vorlesungen zu gehen, da in der MIN die meisten Übungen darauf aufbauen. Zudem werden in den Klausuren eher die Definitionen, Beweise etc. aus den Vorlesungen „akzeptiert“ bzw. lieber gesehen als die aus den anderen Quellen. Es gibt zwar oft Literaturempfehlungen, aber ich persönlich finde es schwer zu filtern, welche Themen aus den Büchern besonders wichtig sind oder welche nicht. Außerdem gibt es bei uns viele Vorlesungen, bei denen an die Tafel geschrieben wird und deutlich mehr gesagt wird, als auf den Folien steht. Daher ist es sinnvoll hinzugehen und mitzuschreiben, um in den Übungen gut mitzukommen und später auch die Klausur gut zu bestehen. Viele Dozenten geben zwischendurch außerdem Hinweise, was man sich für die Klausur gut merken sollte und was man eher nicht unbedingt wissen muss. Ich bin froh, dass ich das mitbekommen habe.“

Folgende Reflexionsfragen können nach Anregungen sein, um festzustellen, ob du etwas aus der Vorlesung mitnehmen kannst:

Eine der entscheidendsten Fragen für Studierende ist sicherlich, welche der behandelten Inhalte in der Vorlesung prüfungsrelevant sind. Inwiefern der Vorlesungsstoff prüfungsrelevant ist lässt sich am einfachsten durch die Analyse von Altklausuren herausfinden. Ansonsten: Frage einfach! Abgesehen davon steht nicht immer alles Relevante auf den Folien, d.h. du kommst ggf. nicht darum herum, dir die Aufzeichnung der Vorlesung anzusehen oder Kommilitonen zu fragen, um Hinweise auf Prüfungsfragen zu erhalten.
Es kann hilfreich sein, Studierende in einem höheren Fachsemester zu befragen, wie relevant sie den Besuch der Vorlesung für ihre Prüfungsvorbereitung gehalten haben.

Folgende Reflexionsfragen können nach Anregungen sein, um festzustellen, wie wichtig der Besuch der Vorlesung für das Bestehen der Prüfung ist:

Nicht zu unterschätzen ist auch der motivational-soziale Aspekt. Nicht ohne Grund sind die Abbrecherzahlen an Fernhochschulen weitaus höher als die an Präsenzhochschulen.

Fällt es dir eher schwer, dir die Lerninhalte aus den Folien, dem Skript und der Literatur zu erarbeiten, ist der Besuch einer Vorlesung effektiver. Ein fester Termin im Kalender, ein konstanter Rhythmus kann auch entlastend für die Selbstorganisation sein. Der Austausch mit Kommilitonen, die Eingebundenheit in ein soziales Netz motiviert nicht nur, sondern ist günstig, für spätere fachliche Fragen.

Einmal abgesehen davon, kann eine gut gemachte Vorlesung deutlich spannender sein, als ein entsprechendes Skript zu lesen. Vorlesungsaufzeichnungen können eine Alternative sein, vor allem dann, wenn der Stoff sehr abstrakt und komplex ist und man bestimmte Inhalte noch einmal nachschlagen möchte.
Studien zeigen klar, dass wer Vorlesungsaufzeichnung zusätzlich zur Präsenzvorlesung für die Prüfungsvorbereitung nutzt, bessere Noten schreibt. Allerdings steigt der Zeitaufwand dadurch um das Zwei- bis Dreifache.

Jana berichtet:
„Ich hatte dieses Semester mehrere Vorlesungen in meinem Fach Biologie und sie waren sehr unterschiedlich. Eigentlich mag ich Vorlesungen sehr gerne. Es gab dieses Semester aber eine, die mich besonders stark demotiviert hat. Das Problem war, dass ich diese Vorlesung ein zweites Mal besuchen musste, weil ich beim ersten Mal die Prüfung nicht geschafft habe. Ich war allerdings die Einzige meiner Freunde. Ich habe mich etwas allein gefühlt. Ich habe gemerkt, dass ich auch beim zweiten Mal nur schlecht mitkomme und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, nicht schlau genug zu sein. Leider war das Tempo immer sehr schnell und ich konnte vieles oftmals nicht notieren. Ich bin zwar etwas schüchtern, aber habe mich dann überwunden einen Kommilitonen zu fragen, seine Notizen mit mir zu teilen und glücklicherweise war das in Ordnung für ihn. Letztendlich habe ich den Besuch bis zum Schluss durchgezogen, weil ich Angst hatte etwas Relevantes zu verpassen. Die anderen Vorlesungen waren besser, weil ich da Leute kannte und wir uns immer abgesprochen haben, dass wir zusammen dahin gehen. Wir konnten uns bei den Inhalten echt gut helfen. Ich war viel motivierter mich mit den Inhalten dieser Vorlesungen auseinanderzusetzen, weil die anderen häufig vorgeschlagen haben, dass wir sie zusammen nachbereiten. Die Prüfungen dieser Fächer liefen viel besser als bei der anderen Vorlesung.“

Folgende Fragen können dir helfen, den motivationalen Aspekt zu reflektieren:

Es kann unterschiedliche Gründe geben, weshalb du eine Vorlesung nicht besuchen kannst, obwohl du es gerne möchtest. Sollte das der Fall sein, kannst du natürlich nach Möglichkeiten suchen, den Stoff nachzuholen.
Der einfachste Weg besteht darin, insofern es eine Aufnahme gibt, dir die Aufnahme deiner Vorlesung bei lecture2go anzusehen. Ist dies nicht der Fall oder es ist nicht ausreichend für dich, kann es hilfreich sein, wenn du dich mit Kommilitonen aus der jeweiligen Vorlesung zusammentust und sie fragst, ob sie dir relevante Mitschriften zusenden können oder eine Lern- und Nachbereitungsgruppe mit dir gründen. Ansprechpartner können zudem die Tutoren sein.

Fazit

Wir empfehlen dir, wenn es die Umstände zulassen, deine ersten Vorlesungstermine zu besuchen, um einen Eindruck zu gewinnen, ob du mit dem Besuch die relevanten Inhalte besser verstehen kannst. Ist das nicht der Fall und du gehst nur hin, um dein Gewissen zu beruhigen, ist das keine effiziente Strategie. Wenn du der Meinung bist, dass es Verbesserungsvorschläge für die Gestaltung der Vorlesung gibt, dann nimm an der Evaluierung der Veranstaltung teil, insofern diese stattfindet. Dadurch bekommen die Lehrenden eine Chance etwas zu verändern.