Verschiedene Entspannungsmethoden sowie körperliche Betätigung, können dir in der Prüfungsvorbereitung helfen, Ruhe und Gelassenheit zu finden.

Stresssituationen, wie intensive Lernphasen oder Prüfungen, wirken sich nicht nur auf unser Denken, Fühlen und Handeln aus, sondern sind am ganzen Körper spürbar. Der Schultern verkrampfen, der Nacken verspannt sich, die Atmung wird flacher und der Blutdruck steigt. Unter Anspannung arbeitet der gesamte Körper auf Hochtouren, um sich auf die drohende Gefahr einzustellen und bei Bedarf zu fliehen.

 Edmund Jacobson, Begründer der progressiven Muskelentspannung, geht davon aus, dass sich Stress und Belastungen in Mikroverspannungen der Muskulatur manifestieren. Durch eine gezielte Entspannung der Muskelpartien, so die Annahme Jacobson, gelingt es nicht nur, die körperliche Verspannung aufzulösen, sondern auch zu einer entspannteren inneren Haltung zu gelangen.

Du findest im Folgenden eine Anleitung zur progressiven Muskelentspannung sowie ein paar Mini-Übungen, um den Körper zu beruhigen. Die Wirksamkeit der Progressiven Muskelentspannung sowie der Atemtechniken ist mittlerweile gut belegt (Grawe, Donati & Bernauer, 1994).

Falls du mehr über die physiologischen Vorgänge erfahren möchtest, die zu einer Stressreaktion führen, sieh dir unsere kleine Bildergeschichte an.

Wichtig:

Falls der Druck und die Anspannung vor Prüfungen für dich zu einer großen Belastung werden, empfehlen wir dir, das Beratungsangebot der Zentralen Studienberatung wahrzunehmen. Dort kannst du dich informieren, beraten lassen und an Workshops teilnehmen, um die Nervosität vor Prüfungen besser in den Griff zu bekommen.

Unser vegetatives Nervensystem steuert und reguliert unsere inneren Organe. Der Sympathikus oder auch Stressnerv ist für die körperliche Anspannung zuständig, der Parasympathikus bzw. Ruhenerv, sorgt dafür, dass wir uns entspannen und regenerieren.

Atmen wir langsamer aus als gewöhnlich, wird das parasympathische Nervensystem aktiviert. In der Folge entspannt sich der Körper und die Gedanken kommen zur Ruhe. Um diese Wirkung zu erreichen, atmest du normal durch die Nase ein und in etwa drei bis vier Mal so lange durch den Mund wieder aus. Es geht nicht darum möglichst, viel Luft zu holen, sondern darum, etwas langsamer als sonst auszuatmen. Du wirst feststellen, dass sich mit der Zeit der Atemfluss vertieft.

Übung

  1. Setze dich aufrecht und locker hin. Stell die Füße flach auf den Boden.
  2. Lege die Handflächen auf die Oberschenkel und schließe die Augen.
  3. Atme ganz normal durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus – ohne diesen Vorgang bewusst zu steuern. Wiederhole dies dreimal.
  4. Verlangsame nun deine Ausatmung. Stell dir vor, du würdest eine Feder ganz sachte wegpusten. Bei der verlangsamten Ausatmung dauert das Ausatmen deutlich länger als das Einatmen. Dadurch vertieft sich die Atmung ganz von selbst.
  5. Nach ein bis zwei Minuten strecke und recke dich, atme tief ein und wieder aus und öffne die Augen.

Sind wir unter Druck, arbeitet der gesamte Organismus auf Hochtouren. All unsere Bewegungen psychisches Wohlbefinden aus. Wir bemerken das gesteigerte Erregungsniveau, ärgern uns darüber, dass wir uns überhaupt unter Druck setzen lassen und fühlen uns letzten Endes noch gestresster als zuvor.

Ganz anders verhalten sich hingegen Menschen, die dem Alltag mit Gelassenheit begegnen. Ihre Sprechweise ist ruhig und konzentriert, ihre Bewegungen sind kontrolliert und wohlüberlegt und ihre Atmung ist tief und gleichmäßig. Sie wirken in all ihrem Tun ausgeglichen und entspannt.

Mit der Technik des Verlangsamens, übernimmst Du genau diese Verhaltensweisen. Du reduzierst Dein Sprechtempo, verlangsamst alle Deine Bewegungen und setzt selbst Deine Gestik und Mimik bewusst ein. Auf diese Weise tritt auch bei Dir ein Gefühl von innerer Ruhe und Ausgeglichenheit ein.

  • Sprich ruhig und bedächtig und betone jedes Wort.
  • Gehe bewusst und langsam.
  • Blättere deine Unterlagen mit Bedacht durch.
  • Denke nur an ein Thema zurzeit.
  • Genieße jeden Bissen deiner Mahlzeit in Ruhe.
  • Schalte das Smartphone für eine Stunde stumm und lege es außer Sicht- und Griffweite 🙂.

Alles, was Du tust, hat eine Funktion und seinen Sinn. Es gibt kein nervöses Mit-den-Füßen-Scharren oder unruhiges Fingertrommeln, kein zielloses hin und her, kein Rennen und kein mechanisches Sortieren von Unterlagen auf dem Schreibtisch. Mit der Zeit wirst Du feststellen, dass Du wieder zu innerer Ruhe und Gelassenheit findest. Du kannst dann das Verlangsamen beenden und zum normalen Alltagsrhythmus zurückkehren.

Durch das Zählen deiner Atemzüge, wendest du deine Aufmerksamkeit von den belastenden Themen des Alltags ab und kommst innerlich zu Ruhe. Wichtig ist es, dass du innerlich laut mitzählst.

  1. Setze dich aufrecht hin, die Hände ruhen locker auf den Oberschenkeln.
  2. Zähle deine Atemzüge nun von eins bis zehn und beginne anschließend wieder von vorn.
    1 = einatmen
    2 = ausatmen
    3 = einatmen
    usw. bis 10 = ausatmen
    Konzentriere dich die ganze Zeit auf deine Atmung. Solltest du wegen eines störenden Gedankens oder einem anderen Grund mit deiner Aufmerksamkeit abdriften, beginne wieder bei eins.
  3. Wenn es dir gelingt, mehrere Male ohne Unterbrechung von 1 bis 10 zählend deine Atmung zu beobachten, kannst du das Zählen weglassen. Nimm jetzt nur noch deinen Atem wahr, wie er in die Nase und durch die Luftröhre strömt und dann die Lungen mehr und mehr erfüllt. Beim Ausatmen nimm den Atemstrom in umgekehrter Richtung wahr.

Falls du möchtest, kombiniere diese Übung mit dem „verlangsamten Ausatmen“.

Bei dieser Übung geht es darum, möglichst viele Körperteile auszuschütteln. Beginne mit der rechten Hand. Nehme dann nach und nach immer einen weiteren Körperteil in der folgenden Reihenfolge hinzu:

  • rechte Hand, rechter Unterarm, rechter Oberarm und Schulter
  • linke Hand, linker Unterarm, linker Oberarm und Schulter
  • Kopf
  • rechter Fuß, rechtes Bein
  • linker Fuß, linkes Bein
  • Gesäß

Ziel ist es, möglichst viele Körperteile gleichzeitig gründlich auszuschütteln. Und keiner hindert dich daran, dazu Musik zu hören 😉.

Hast du etwas mehr Zeit, ist jegliche Form von intensiver körperlicher Bewegung eine gute Möglichkeit, sowohl physisch als auch gedanklich herunterzukommen. Die Aktivierung des Körpers reduziert den Blutdruck, kräftigt den Herzmuskel, steigert die Sauerstoffaufnahmekapazität der Lungen und verringert negative Gedanken.

Die positiven Einflüsse von körperlicher Bewegung im Alltag treten bei etwa 30 Minuten pro Tag und 5 Tagen in der Woche ein (Schulz, Meyer & Langguth, 2011).

Du musst die 30 Minuten nicht am Stück aktiv sein, sondern kannst diese über den Tag verteilen. Eine Bewegungseinheit sollte jedoch die 10 Minuten-Marke nicht unterschreiten und so verausgabend sein, dass sich dein Atem beschleunigt.

Überlege einmal selbst: Wie oft bist du pro Woche aktiv?
Was könntest du heute noch tun, um deinen Puls 10 Minuten lang zu beschleunigen?

Hier ein paar Vorschläge für den Alltag:

  • Nimm heute einmal die Treppe anstatt des Fahrstuhls.
  • Steige zwei Stationen früher aus dem Bus und laufe die restliche Strecke.
  • Aktiviere die Bewegungsmessung auf deinem Smartphone oder deinem Fitnesstracker und versuche, 5000 Schritte zu erreichen.
  • Wiederhole deine Karteikarten beim Spazierengehen anstatt auf dem Sofa.
  • Benutze dein Fahrrad, um andere zu besuchen oder einzukaufen.
  • Nutze die Mittagspause für einen kleinen Spaziergang.

Sportliche Aktivitäten:

Bei den sportlichen Aktivitäten sind 3 Trainingseinheiten pro Woche mit jeweils 20 Minuten ausreichend, um gesundheitlich davon zu profitieren. Hauptsache ist, dass du Freude an der Bewegung hast und dich verausgabst.

  • Suche dir ein 10 Minuten-Workout, dass du zu Hause machen kannst. Beispiele:
    https://youtu.be/gUWFmn8f3H4?t=13
    https://youtu.be/_vEgwLEFJXU
    Lege dir dafür einen wiederkehrenden Termin in deinem Smartphone an 🙂.
  • Sieh dir die Angebote des Hochschulsports an und melde dich für einen Kurs an:
    https://www.hochschulsport.uni-hamburg.de/sportcampus/vona-z.html
    Z.B. Dynamic Yoga, Hip Hop, Tanzen, Bouldern oder das Power Workout?
    Mit der FlexiCard kannst du beliebig viele Kurse aus dem Angebot besuchen – insofern du dich dafür jeweils die Woche zuvor online anmeldest.
  • Gibt es eine schöne Jogging-Strecke bei dir? Wie wäre es am nächsten Samstag nach oder vor dem Frühstück? Verabrede dich zum gemeinsamen Laufen!
  • Triff dich mit anderem zum Beach-Volleyball!
  • Gibt es ein Schwimmbad bei dir in der Nähe, das du nutzen kannst? Sieh dir die Öffnungszeiten sowie die Belegung an. Wann sind die Bahnen vermutlich frei?

Die Methode der progressiven Muskelentspannung wurde in den 1930er Jahren vom amerikanischen Arzt und Neurophysiologen Edmund Jacobson entwickelt. Es gibt zahlreiche Belege für die Wirksamkeit des Verfahrens zur Reduktion von Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Angststörungen und anderen Formen mentaler und körperlicher Belastung (Grawe & Bernauer, 1994).

Jakobsen geht davon aus, dass sich Stress und Belastungen durch eine zunehmende Anspannung der Muskeln manifestieren. Umgekehrt, so seine Annahme, können sich durch eine Verringerung der muskulären Anspannung auch die mentale Anspannung lösen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird jede Muskelpartie nach und nach (= progressiv) entspannt. In den Übungen wird man dazu angeleitet, auch minimale Verspannungen zu erkennen. Je häufiger man die Progressive Muskelentspannung durchführt, desto schneller tritt der gewünschte Effekt in Kraft. Wie auch beim Sport, macht die regelmäßige Übung den Meister bzw. die Meisterin.

Das Grundprinzip ist sehr einfach:

  1. Die Aufmerksamkeit wird auf die jeweilige Körperregion gelenkt
  2. Die Muskeln werden anspannt und die Spannung wird ca. 5 – 7 Sekunden lang gehalten.
    Der Atem läuft die ganze Zeit über normal weiter.
  3. Mit dem Ausatmen wird die Spannung gelöst und 45 – 60 Sekunden lang entspannt.

Es geht nicht darum, die Muskeln, wie bei einem Krafttraining, bis zur Erschöpfung anzuspannen. Ein kleiner Spannungsimpuls genügt. Durch den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung lernst du mit der Zeit, auch kleinste Verspannungen zu erkennen und aufzulösen.

Wir empfehlen dir, die Übung zunächst im Liegen durchzuführen und eine gesprochene Anleitung über CD, Smartphone oder MP3-Player zu nutzen. Hast du das das ein paar Mal gemacht, kannst du dir die Instruktionen auch selbst innerlich vorsagen.

Solltest du liegen, suche dir eine bequeme Unterlage – eine Isomatte o.ä. ist optimal – und strecke deine Beine aus. Lege die Arme direkt neben deinem Körper ab und schließe deine Augen während der Übung.

Du kannst die Methode auch im Sitzen durchführen. Falls du sitzt, nimm eine aufrechte Haltung ein und lege deine Hände entweder entspannt auf deine Beine oder auf dem Tisch vor dir ab. Solltest du deine Augen nicht schließen wollen, sieh auf einen Punkt vor dir auf dem Boden.

Audioanleitungen

Schriftliche Anleitung

In der folgenden Slideshow findest du eine Übersicht, der Körperpartien, die angesprochen werden, sowie die passenden Instruktionen. Das Vorgehen lehnt sich an die Beschreibung bei Kaluza (2011) an.

Literatur

Grawe, K., Donati, R. & Bernauer, F. (1994). Psychotherapie im Wandel: Von der Konfession zur Profession (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe, Verlag für Psychologie.

Kaluza, G. (2011): Stressbewältigung. Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. 2. Auflage. Heidelberg: Springer-Verlag.

Kollak, I. (2008). Burnout und Stress: Anerkannte Verfahren zur Selbstpflege in Gesundheitsfachberufen. Heidelberg: Springer-Medizin-Verlag.

Schulz, K.-H., Meyer, A. & Langguth, N. (2011). Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit. Heidelberg: Springer-Verlag.